Unsere Wanderfreizeit 2025
Der Wanderer an sich…
(oder doch nur der im Walliser Saas-Tal?)
Wie jedes Jahr um die gleiche Zeit macht sich eine kleine Gruppe Unermüdlicher auf zu Wanderungen im Saas-Tal in den Walliser Alpen. Die Gruppe liegt im Alter zwischen 8 und 95 Jahren.
Die örtlichen Gegebenheiten sind ihnen aus zum Teil Jahrzehnte alten Besuchen wohlbekannt. Anfangs noch zum Skifahren oder –lernen, danach zu Wanderungen an gleicher Stelle.
Diese kleine Gruppe teilt sich allerdings nochmals auf in drei Abteilungen.
Die Gämsen (Definition Gämsen: Eine in Europa und Kleinasien beheimatete Art der Ziegen. Gämsen verfügen über einen kräftigen, jedoch gedrungenen Körperbau. Sie gehören zur Familie der Hornträger und leben in Gebirgslandschaften in Hochlagen bis zu 2500 Metern).
Die zweite Abteilung bilden die Wanderer (Definition Wanderer: Er ist eine Person, die Wanderungen unternimmt, also zu Fuß oder auf anderen Wegen eine größere Strecke in der Natur zurücklegt).
Die dritte Gruppe besteht aus den Erholern (Definition Erholen: Sein einstiges, vorübergehend beeinträchtigtes Wohlbefinden wiedererlangen).
Entsprechend teilen sich auch die Aktivitäten der drei Gruppen.
Die Gämsen, 5-6 an der Zahl, werden angeführt von einem Gamsbock, ein Männchen von respektabler Statur, ohne Hörner, aber mit stämmigen Beinen.
Die Wanderer sind schlichtweg in der Überzahl, was dem vorgerückten Alter der Teilnehmer entsprechen mag.
Letztlich, und als kleinste Gruppe, die Erholer, die sich dadurch auszeichnen, dass ihnen jedwede körperliche Anstrengung zuwider ist.
Das Ganze nennt sich Freizeit!? Wander- und Erholungsfreizeit. Fast alle Teilnehmer haben die CVJM-DNA von Jugend an eingeatmet, sind gestählt in Gruppendynamik und zu fast jeder Schandtat bereit.
Der gemeine Wanderfreizeitteilnehmer besticht durch Mut, Ausdauer, Abenteuerlust, Neugier und Selbstkasteiung. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass er den frühen Tag genießt. Die Bergspitzen der Mischabelgruppe in der Morgensonne, die tautriefenden Wiesen und Weiden, das Stellihorn und das gewaltige Massiv des Mittagshorns im Blick gebiert Vorfreude auf die Strapazen, die der Tag noch bringt. All das in Verbindung mit einem Frühstücksbuffet, das keine Wünsche offenlässt. Schlemmen at it’s best.
Darüber hinaus kann und wird von den Teilnehmern aller drei Gruppen ein Lunchpaket für den Tag geschnürt, welches alles enthält, was der Teilnehmer über den Tag verzehren will, ob das belegte Brötchen, Walliser Brot, Eier (Mayonnaise nicht vergessen!), etc. Teilweise sogar klein-geschnittene Früchte oder Gemüse, dies jedoch aus eigenem Ankauf.
Die Routen der täglichen Wanderungen sind über die Jahrzehnte gleichgeblieben. Nur die Gämsen suchen tagtäglich neue Herausforderungen, sei es in Länge der Route, zu bewältigende Höhendifferenzen oder Geschwindigkeiten (Laufzeit). Und sie erlauben sich Ausflüge, die eines sehr frühen Frühstücks bedürfen und möglicherweise zu verspäteten Abendessen führen.
Neu ist, dass diverse Apps ihnen Höhendifferenzen und Längen der Wanderungen anzeigen. Sie richten ihre Touren nach den Gondelzeiten und Busfahrplänen, zumindest was die letzten Bahnen des Tages betrifft.
Bei den Wanderern überwiegt im Übrigen der Drang nach schönen Fotos von Berg und Tal, der Natur, den wilden Tieren (Eichkater, Murmelies, Gämsen, Steinböcken, Schafen und wilden Kühen) – nicht zum Prahlen, sondern zum Genießen. Sie bevorzugen gesittete Wege, während die Erholer gesittete Herbergen aufsuchen, in denen man einen guten bis sehr guten Cappuccino zu produzieren vermag. Sie richten ihre Aktivitäten ausschließlich nach den Mittagspausen der Bergbahnen und Postbusse, deren Kosten im Gesamtpaket enthalten sind. Entsprechend viel wird kostenlos gefahren oder gegondelt.
Hin und wieder soll es vorkommen, dass sich die Gruppen, dann aber mit lautem „Hallo“, auf ihren Wegen treffen. Oftmals (eher vielmals) wird das mit einem gemeinsamen Kaffee gefeiert.
Allen gemein ist, dass egal von welcher Stelle auf den Routen oder in den Herbergen, der Blick über die Viertausender des Wallis zu genießen ist – und das alle 100 Meter neu. Unglaublich!
Einmal jedoch wandert (oder gondelt) die gesamte Truppe den Berg hinauf und okkupiert die Terrasse einer einsamen Berghütte. Hier wird gepicnict!
Mit erlesenen Köstlichkeiten des Wallis wie Schinken, Trockenfleisch, Speck, diversen Käsesorten, Trauben, Feigen sowie verschiedenen Walliser Brotspezialitäten. Das alles wird dann mit Genuss verzehrt. Um den Weg dieser Köstlichkeiten vom Mund zum Magen geschmeidiger zu gestalten, sorgt darüber hinaus Wein aus dem Wallis (oder aus Wuppertal!). Alle kommen auf ihre Kosten, keiner kommt zu kurz. Das ist ein Schmausen der Extraklasse, wobei die Temperatur nahe dem Gefrierpunkt dem Genuss keinen Abbruch tut. Aber schon wieder volle Mägen?
Und um dieses Treiben abzurunden, versuchen einige der Teilnehmer noch, den Kreuzbodensee mit dem Floß zu überqueren. Man munkelt, dass keiner der Wagemutigen zu Schaden gekommen ist.
Was alle eint, ist die tägliche Fete auf der Terrasse des Hauses, bei der alle begangenen Gamspfade besprochen, alle Wanderungen mit Begeisterung verlautbar werden und jedwede Erholung ihren Ausklang findet. Dabei verschwinden erlesene Süßspeisen in Form von Kuchen, Selbstgebackenem und jede Menge Kaffee in den zwischenzeitlich leeren(?) Mägen.
Apropos Essen! Das Haus verfügt über eine Küche, die ihresgleichen sucht. Ein tägliches 4-Gänge-Menue, von einer (mindestens) Sterneköchin und ihren Helferinnen und Helfern frisch mit Zutaten aus dem heimischen Anbau zubereitet. Das ganze getoppt mit regionalen und Walliser Spezialitäten wie Knöpfli Bolognese mit Apfelmus, Älpler Makkaroni, Spaghetti-Party bis hin zum Käsefondue, aromatisiert mit einem guten Schuss Walliser (?) Kirsch-wasser. All das wird mit ausgesuchter Höflichkeit bis hin zu offensichtlicher Begeisterung serviert, bis auch die letzte Magenfalte ausgefüllt ist. Dazu Wasser und Wein aus dem Wallis (beim Bier ist das nicht gesichert). Dazu ist nach beendetem Mahl natürlich ein kleines, täglich variierendes alkoholisiertes Getränk zur Verdauung obligatorisch, ja geradezu überlebensnotwendig. Die Teilnehmer haben diesbezüglich vorgesorgt.
Der gemeine Freizeitteilnehmer zeichnet sich – neben anderen Qualitäten – durch seine Spielsucht aus. Das erklärt auch die Menge, Auswahl und Qualität der mitgebrachten Spiele und Puzzle, die jedem Spielwarenladen Konkurrenz macht (dagegen ist das Haus der Geschenke ein kleiner Ramschladen!). Und so vergeht kein Abend ohne lautes Geschrei ob eines Sieges oder guter Karten oder verpasster Chancen, oder, oder, oder.
Allerdings, nicht zuletzt aufgrund der Mühen und Lasten des Tages, endet jeder Abend zu sehr früher Stunde. Das Teilnehmerfeld ist müde und geht zu Bett. Der gut gesittete Teilnehmer ruht zur frühen Stunde, um Kraft für die kommenden Aufgaben zu tanken!
Vorbei die Zeiten, als der Tagesraum bis zwei, drei Uhr in der Nacht Zentrum vielfacher Aktivitäten wie trinken, reden, trinken… war. Was in dem Zusammenhang auffällt ist, dass der Konsum von Wasser in erheblichem Maße zugenommen hat, wohingegen der Anteil alkoholischer Getränke zur Bedeutungslosigkeit verkommt. Preis des Alterns!
Abgerundet wird diese Wander- und Erholungsfreizeit durch andauernden Spaß und Lachen. Vieles davon resultiert aus „Dumm Tüch kallen“ (für Zugereiste: Dummes Zeug reden), Vieles aus nicht wiederzugebender Situationskomik, die Hauptsache jedoch:
Alle machen mit und freuen sich auf’s nächste Jahr



